Die vierte Corona-Welle in Deutschland rollt an, seit einigen Tagen drehen die Corona-Neuinfektionen wieder langsam, aber stetig in den exponentiellen Anstieg. In Mainz lag die Corona-Inzidenz am Dienstag nun schon wieder knapp über 60, vor einer Woche hatte sie noch bei 43 gelegen. Im Landkreis Mainz-Bingen gab es nun, erstmals seit Monaten wieder, einen Corona-Ausbruch in einem Seniorenheim – und das, obwohl die Senioren geimpft waren. Die Impfdurchbrüche führen die Experten auf die nachlassende Impfwirkung vor allem bei Hochbetagten zurück, ab September soll es deshalb Auffrischungsimpfungen geben. Derweil steigt die Zahl der Patienten auf den Intensivstationen wieder – Mediziner berichten, hier lägen zu 95 Prozent Ungeimpfte.

Rechnet erneut mit deutlich steigenden Corona-Infektionen: Der Leiter des Mainzer Gesundheitsamtes, Dietmar Hoffmann. - Foto: gik
Rechnet erneut mit deutlich steigenden Corona-Infektionen: Der Leiter des Mainzer Gesundheitsamtes, Dietmar Hoffmann. – Foto: gik

„Die steigenden Neuinfektionen und Fallzahlen belegen: Die vierte Welle hat bereits begonnen“, sagte der zuständige Beigeordnete des Landkreises Mainz-Bingen, Erwin Malkmus, zum Wochenbeginn, davon blieben auch Mainz und der Landkreis nicht verschont. Als Grund nennen die Experten vor allem die Reiserückkehrer: „Viele Reiserückkehrer bringen uns die neuen Infektionen und eine ganze Menge Arbeit bei der Kontaktnachverfolgung“, sagte Malkmus. Deshalb habe man kurzfristig das Team im Gesundheitsamt aufgestockt, in dem Personal aus dem Impfzentrum des Landkreises übernommen werde, das zum 30. September geschlossen wird. 15 neue Mitarbeiter würden nun für die Kontaktnachverfolgung zusätzlich eingestellt. Malkmus sagte weiter, die vielen Lockerungen der Corona-Regeln brächten zudem bei Neuinfektionen viele Kontakte mit sich, denen das Gesundheitsamt nachgehen müsse.

Der Leiter des Mainzer Gesundheitsamtes, Dietmar Hoffmann, betont zudem, er rechne mit weiter deutlich steigenden Corona-Neuinfektionen als Folge der Rückreisewelle am Ende der Sommerferien. „Denn Reiserückkehrer stellen bereits zum jetzigen Zeitpunkt einen wesentlichen Teil der Neuinfektionen dar“, betonte Hoffmann. Schon jetzt erhalte das Gesundheitsamt täglich zwischen 400 und 500 Meldungen von Reiserückkehrern. Hoffmann betonte noch einmal, dass Einreisende aus Hochrisikogebieten und Virusvariantengebieten verpflichtet seien, sich über das Einreiseportal des Robert-Koch-Instituts (RKI) anzumelden, und sich in häusliche Quarantäne zu begeben, sofern sie nicht geimpft sind. „Wir überprüfen stichprobenartig die Einhaltung der Quarantänevorschriften“, kündigte Hoffmann an, auch dafür sei die personelle Unterstützung.

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Auch in den Schulen wird es nach den Sommerferien wahrscheinlich neue Corona-Ausbrüche geben. - Foto: MPIC
Auch in den Schulen wird es nach den Sommerferien wahrscheinlich neue Corona-Ausbrüche geben: Zu viele Kinder sind noch ungeimpft. – Foto: MPIC

Derzeit gebe es in den noch in den Ferien befindlichen Schulen keine Kontakte, in den Kitas gebe es aktuell einen Fall, sagte Hoffmann weiter – welche Kita betroffen ist, teilte er nicht mit. Mit dem Ende der Ferien würden jedoch Infektionen wieder steigen, gerade bei den Ungeimpften – und damit auch bei Kindern, warnte der Experte. Inwiefern sich hier die Empfehlung der Ständigen Impfkommission zur Impfung für alle 12- bis 16-Jährigen auswirke, bleibe abzuwarten – die Stiko hatte erst am 16. August nach langem Zögern ihre Empfehlung zu Corona-Impfungen bei Kindern und Jugendlichen aktualisiert: Die Stiko empfiehlt nun doch die Impfung für alle ab 12 Jahren, es gebe keine Signale für schwere Nebenwirkungen nach einer mRNA-Impfung.

Quarantäne in Schulen auch für enge Kontaktpersonen

Hoffmann hatte schon vergangene Woche sie sehr späte Kehrtwende der Stiko kritisiert: Die mRNA-Impfstoffe seien für Kinder und Jugendliche sehr gut verträglich, die Zulassungsstudien hätten klar gezeigt, dass es keine Gefahr gebe – die Stiko-Empfehlung komme „etwas spät, da es von jetzt an noch einige Wochen dauert bis ein vollständiger Impfschutz vorliegt“, sagte Hoffmann auf Mainz&-Anfrage. Die Impfung möglichst vieler Kinder und Jugendlicher könne durchaus noch „dazu beitragen, die hohe Zahl der Infektionen in den Schulen, wie wir sie im vergangenen Schuljahr sahen, zu verringern“, sagte Hoffmann weiter.

Schulschließungen will die Politik verhindern, Quarantäne und Tests wird es aber weiter geben. - Foto: privat
Schulschließungen will die Politik verhindern, Quarantäne und Tests wird es aber weiter geben. – Foto: privat

Für den Herbst kündigte Hoffmann zudem an, es werde weiter Quarantäneanordnungen in den Schulen nicht nur für die Infizierten selbst geben: Das RKI habe dem Gesundheitsamt „etwas mehr Spielraum als im vergangenen Jahr eingeräumt“, sagte Hoffmann, letztlich müsse dann aber auch eine detaillierte Fallermittlung erfolgen. Neben den infizierten Personen selbst werde man deshalb auch weiterhin enge Kontaktpersonen in Quarantäne schicken, auch in Schulen. „Wen dies im Einzelnen betrifft, darüber entscheidet das Gesundheitsamt nach näherer Betrachtung vor Ort – zum Beispiel hinsichtlich der Raumgröße oder Lüftungssituation“, hieß es weiter.

Corona-Ausbruch in Altenheim im Landkreis Mainz-Bingen

Dass die Corona-Pandemie nicht vorbei sei, zeige auch ein weiterer Vorfall, betonte Malkmus: Erstmals seit Monaten kam es nun wieder zu einem Corona-Ausbruch in einem Altenheim. In einem Seniorenheim im Landkreis Mainz-Bingen seien 18 Bewohner aus einem Wohnbereich sowie drei Mitarbeiter aus dem gleichen Bereich per PCR-Tests positiv getestet worden. „Die gute Nachricht ist: Bisher waren keine Krankenhauseinweisungen notwendig, alle Betroffenen zeigen nur leichte oder keine Symptome“, betonte Malkmus.

In Altenheimen kommt es nun wieder zu Corona-Ausbrüchen, ein Grund: Senioren wurden als erste geimpft, wie hier Anfang des Jahres in Wiesbaden. - Foto: Stadt Wiesbaden
In Altenheimen kommt es nun wieder zu Corona-Ausbrüchen, ein Grund: Senioren wurden als erste geimpft, wie hier Anfang des Jahres in Wiesbaden. – Foto: Stadt Wiesbaden

Nach einem positiven Schnelltest bei einer Person und anschließendem positiven PCR-Test seien anschließend weitere Bewohner und die Belegschaft getestet worden, weitere Ergebnisse stünden noch aus. „Das betroffene Heim hat ein gutes Hygienekonzept und bereits mit dem ersten Fall die notwendigen Schritte eingeleitet“, betonte Malkmus. Für die betroffene Station wurde Quarantäne bis vorerst Freitag, den 3. September, sowie ein Besuchsverbot und ein Aufnahme-Stopp angeordnet. Die Belegschaft arbeite im Kontakt mit den Bewohnern unter Vollschutz – zum Beispiel mit FFP2-Masken, Schutzbrille und Schutzkittel.

Der Fall zeige aber auch: „Einen 100-Prozentigen Schutz vor einer Infektion gibt auch die Impfung nicht“, betonte Malkmus. Denn nach dem bisherigen Stand der Ermittlungen seien alle Personen – bis auf eine – geimpft gewesen. „Die leichten Verläufe zeigen aber dennoch den positiven Einfluss der Impfung auf die Schwere der Krankheit“, betonte Hoffmann: „Wer geimpft ist, schützt sich in den allermeisten Fällen vor einem schweren Krankheitsverlauf und verhindert auch Todesfälle durch Corona.“

Was sind Impfdurchbrüche, und warum nehmen sie zu?

Viele der sogenannten Impf-Durchbrüche hätten nur einen leichten Verlauf, betonte auch Malkmus, deshalb könne er nur immer wieder appellieren, dass sich möglichst alle Menschen, denen es möglich sei, impfen ließen. „Wir haben genügend Impfstoff und brauchen sicher im Herbst und Winter eine Auffrischung, ähnlich wie bei der Grippe-Impfung auch“, unterstrich der Beigeordnete. Wer geimpft sei, solle sich trotzdem an die AHA-Regeln halten, denn einen 100-prozentigen Schutz gebe es leider nicht.

Für Hochbetagte und Gefährdete soll es deshalb ab September Auffrischungsimpfungen geben. - Foto: Stadt Wiesbaden
Für Hochbetagte und Gefährdete soll es deshalb ab September Auffrischungsimpfungen geben. – Foto: Stadt Wiesbaden

Nach Angaben des RKI gibt es derzeit in Deutschland rund 13.300 Corona-Infektionen bei Personen, die gegen das Coronavirus geimpft waren – Experten nennen das Phänomen „Impfdurchbrüche“. Gründe dafür können eine eigene körperliche Veranlagung sein, dass weniger Antikörper gebildet wurden, ein durch andere Krankheiten geschwächtes Immunsystem, aber auch ein ohnehin schwächeres Immunsystem vor allem bei älteren Menschen. Die Bundesregierung hatte deshalb Anfang August Auffrischungsimpfungen für besonders gefährdete Personengruppen wie Hochbetagte oder Menschen in Pflege- oder Altenheimen angekündigt, diese sollen im September beginnen.

Auch andere Heime müssen mit Ausbrüchen rechnen

In dem nun betroffenen Seniorenheim sei die zweite Corona-Impfung Anfang Februar erfolgt, also mehr als sechs Monate her. „Dies bestätigt die aktuellen Planungen, zumindest für Hochbetagte und Menschen mit eingeschränkter Immunabwehr eine dritte Impfung anzubieten“, betonte Hoffmann: Denn auch in anderen Einrichtungen sei mit vergleichbaren Ausbrüchen zu rechnen. Hier sei neben der bekannten Basishygiene deshalb nun auch eine erhöhte Aufmerksamkeit hinsichtlich der Krankheitssymptome wichtig, ebenso wie die Testung von Gästen, Belegschaft sowie Bewohnern. „Die Heime müssen sich darauf einrichten, dass es trotz Impfung erneut zu Ausbrüchen kommen kann, genügend Schutzmaterialen vorhalten und ihre Hygienepläne auf dem aktuellen Stand halten“, mahnte Hoffmann. Bei Verdachtsfällen solle eine PCR-Testung angestrebt werden.

Auffrischungsimpfungen wird es auch für Menschen geben, die mit AstraZeneca geimpft wurden. - Foto: AastraZeneca
Auffrischungsimpfungen wird es auch für Menschen geben, die mit AstraZeneca geimpft wurden. – Foto: AastraZeneca

Auch allen bereits vollständig geimpften Bürgern, die den ersten Impfschutz mit einem Vektor-Impfstoff (AstraZeneca und Johnson&Johnson) erhalten hätten, solle ab September eine weitere Impfung mit einem mRNA-Impfstoff angeboten werden, heißt es bei der Bundesregierung weiter. Die Auffrischungsimpfung könne in Impfzentren, durch niedergelassene Ärzte oder durch Betriebsärzte verabreicht werden – allerdings schließen die Länder ihre Impfzentren entweder Mitte oder Ende September, das gilt auch für Rheinland-Pfalz. Neun Impfzentren, darunter auch das in Mainz, sollen aber in Bereitschaft bleiben, um bei Bedarf wieder hochgefahren werden zu können.

Trotz der Impfdurchbrüche sei aber klar: „Der beste Schutz vor Corona ist eine Impfung“, betonte Hoffmann – insbesondere in den Altenheimen habe sich die Impfung als besonders wirksam erwiesen: „Die Lage war hier über den Sommer vergleichsweise entspannt.“ Auch dass noch kein Bewohner des Seniorenheimes ins Krankenhaus musste, zeige die positive Wirkung. „In den Krankenhäusern schlagen wieder neue Fälle auf, überwiegend handelt es sich dabei um nicht geimpfte Personen“, berichtete Hoffmann. Malkmus plädierte deshalb dafür, beim Testen nicht nachzulassen: „Nur durch eine konsequente Teststrategie können sogenannte ‚Impfdurchbrüche‘ festgestellt werden.“

Info& auf Mainz&: Alle Informationen zum Thema Corona-Impfungen findet Ihr hier bei der Bundesregierung im Netz. Wie die Impfungen mit dem mRNA-Impfstoffen und mit den Vektor-Vakzinen funktionieren, was sie im Körper genau bewirken – und was nicht – das erklärt ein Comic der Mainzer Universitätsmedizin, die ganze Geschichte dazu findet Ihr hier bei Mainz&. Informationen zur Impfbustour und zum Familienimpftag am 28. August findet Ihr hier bei Mainz&.

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