Der Mainzer Stadtrat hat sich nun auch offiziell gegen die geplanten Schiffsanleger vor dem Wohngebiet Mainzer Zollhafen ausgesprochen. Der Rat nahm am Montag in seiner Sondersitzung die Resolution zu den Schiffsanlegern mit klarer Mehrheit an. Damit spricht sich Mainz offiziell dafür aus, auf Schiffsanlegestellen vor der Südmole sowie überhaupt vor Wohnbebauung im Stadtgebiet zu verzichten und appelliert an den Bund, alternative Anlegeplätze für Binnenschiffer in Mainz zu suchen. Die BI Neustadt-Ufer spricht von einem großen Etappensieg, die CDU appellierte an die Generaldirektion Wasserstraßen und Schiffahrt des Bundes, das Planfeststellungsverfahren zu stoppen und nach Alternativlösungen zu suchen. Die grüne OB-Kandidatin Tabea Rößner schlug vor, auf den Autoabsetzplatz am Feldbergplatz zu verzichten.

Der Mainzer Stadtrat hat sich in einer Resolution gegen Schiffsanleger vor dem Mainzer Zollhafen ausgesprochen. - Foto: gik
Der Mainzer Stadtrat hat sich in einer Resolution gegen Schiffsanleger vor dem Mainzer Zollhafen ausgesprochen. – Foto: gik

Die Resolution war auf Initiative der Mainzer CDU entstanden, SPD, FDP, ÖDP und Freie Wähler trugen am Ende den Appell mit, mit ihren Stimmen wurde das Papier denn auch am Montag verabschiedet – Grüne, AfD und Piraten/Volt stimmten dagegen, die Linke enthielt sich. Die Resolution richtet sich gegen die Pläne des Wasser- und Schifffahrtsamtes (WSA) Bingen, vor der Südmole des neuen Wohngebiets „Mainzer Zollhafen“ vier Schiffsanlegestellen für bis zu 16 Binnenschiffe sowie eine Autoabsetzanlage vor dem Ufer der Mainzer Neustadt direkt vor der Caponniere zu errichten.

Gegen die Pläne gibt es heftigen Widerstand von alten und neuen Anwohnern, die argumentieren, die Schiffsanleger seien nicht genehmigungsfähig, weil die Binnenschiffe zu viel Lärm und Abgase verursachen würden und etwa gegen Lärmgrenzwerte verstoßen. Der Mainzer Zollhafen war 2013 als Industriehafen entwidmet worden und wurde im Anschluss in ein Wohngebiet umgewandelt, seither wurden zudem die Lärmgrenzwerte gesenkt. Lärmgutachten der Stadt Mainz selbst gingen bereits 2014 davon aus, dass die Grenzwerte bei Nacht überschritten werden.

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Die Resolution fordert nun den Bund und Generaldirektion Wasserstraße und Schifffahrt auf, „im Stadtgebiet Mainz auf die Errichtung und Modernisierung von Schiffsliegestellen, Havarieplätzen und Autoabsetzanlagen in direkter Nähe zu Wohnbebauung zu verzichten.“ Die Stadt stehe ihren eigenen Bürgern gegenüber in der Pflicht, „die Belastung durch Luftschadstoffe und Lärmemissionen möglichst gering zu halten und die Einhaltung gesetzlicher Grenzwerte zu gewährleisten“, heißt es in der Resolution. Dies gelte sowohl für jahrzehntelang bestehende Wohngebiete in Rheinnähe, als auch für neue Wohnungen auf früher industriell genutzten Flächen. „Die Menschen in der Landeshauptstadt Mainz haben einen Anspruch auf körperliche Unversehrtheit“, betonen die Verfasser.

Binnenschiff vor der Südmole des Mainzer Zollhafens. - Foto: gik
Binnenschiff vor der Südmole des Mainzer Zollhafens. – Foto: gik

Gleichzeitig unterstreicht die Resolution aber auch, wie wichtig die Binnenschiffer und ihr Anliegen für Ruheplätze und Landestege in Mainz sind: „Mainz verdankt seine Existenz ganz wesentlich dem Rhein als Handelsroute, auf der stets zahlreiche Schiffe verkehren“, heißt es gleich zu Beginn des Textes. Zu dieser Tradition als Hafenstadt bekenne man sich ausdrücklich, die wichtige Rolle der Binnenschiffe beim Transport großer Gütermengen wisse man in Mainz besonders zu schätzen. „Binnenschiffern und ihren Angestellten wollen wir Heimat sein und ihren Schiffen sichere Liegestellen bieten“, heißt es weiter, „die entsprechende Infrastruktur in und um Mainz herum wollen wir daher pflegen und ausbauen.“

Das aber müsse im Einklang und nicht im Konflikt mit den am Fluss lebenden menschen geschehen, betont die Resolution, und fordert deshalb den Bund auf, endlich eine einvernehmliche Lösung zu suchen. Vertreter des Bundes hatten Ende Mai bei einem Runden Tisch in Mainz zugesagt, noch einmal Alternativstandorte ernsthaft zu prüfen, insbesondere einen Standort in Mainz-Mombach. Doch die WSA verwarf die Alternative kurz darauf wieder. Die Binnenschiffer hatten deshalb an die WSA appelliert, die derzeit noch bestehenden Liegemöglichkeiten an der Nordmole des Zollhafens so lange nicht abzubauen, bis Alternativen gefunden seien, auch der OB-Kandidat Nino Haase sprach sich dafür aus.

Vergeblich: Am Dienstag berichtete die Europäische Vereinigung der Binnenschiffer, die Zollhafen GmbH habe mit dem Abbau der Dalben vor der Nordmole begonnen. „Trotz aller Versuche, Gespräche, Interventionen, Bitten um Hilfe und Aufschub an die unterschiedlichsten Stellen, trotz vieler Zusagen und Versprechungen“  habe die Zollhafen GmbH mit der Demontage der Haltepfähle am Ufer begonnen, kritisierte die Vorsitzende Iris Klinkenberg: „Das ist ein Unding!“ Binnenschiffer hätten nun zwischen Bingen und Mannheim keine Möglichkeit mehr, Personal zu wechseln, Einkäufe zu erledigen, zum Arzt zu gehen, ihre Familien an Bord zu nehmen oder Ruhezeiten einzuhalten.

Binnenschiffe liegen vor der Nordmole des Mainzer Zollhafens, diese Liegeplätze werden nun aber abgebaut. - Foto: gik
Binnenschiffe liegen vor der Nordmole des Mainzer Zollhafens, diese Liegeplätze werden nun aber abgebaut. – Foto: gik

Die Zollhafen GmbH hat mit dem Umbau der ehemaligen Nordmole zu einem abgesenkten Ufer begonnen, hier soll einmal vor umfangreicher Wohnbebauung eine Grünanlage zum Wasser hin entstehen. Bei der Zollhafen GmbH hatte man deshalb die Forderung der Binnenschiffer nach Erhalt der Dalben abgelehnt und dabei auf Verträge zur Umgestaltung verwiesen. Auch die Resolution fordert, auf Schiffsanleger vor der Nordmole zu verzichten und stattdessen Alternativen im Stadtgebiet zu suchen, die aber keine Wohnbebauung beeinträchtigen.

CDU-Stadtratsmitglied Karsten lange betonte, die Resolution sei ein starkes Zeichen gegen die Schiffsanleger vor der Neustadt und für eine Intensivierung der Suche nach Alternativstandorten für die Binnenschiffer: „Mit der Entscheidung des Stadtrats hat sich nun das wichtigste Gremium der Stadt klar positioniert, und stärkt damit die Position von Anwohnern und Binnenschiffern gleichermaßen“, betonte Lange. Er hoffe, dass die Generaldirektion Wasserstraßen und Schiffahrt dieses Votum nun „zum Anlass nimmt, das Planfeststellungsverfahren abzubrechen und sich gemeinsam mit allen Beteiligten auf die Suche nach Alternativstandorten begibt.“

Die Bürgerinitiative Neustadt-Ufer begrüßte das Votum als „großen Etappensieg“: Die Resolution zeige, „dass die Mehrheit der Mainzer das Projekt ablehnt“, teilte die BI mit. Eine rechtliche Bedeutung habe die Resolution allerdings nicht, „wir gehen aber davon aus, dass sie im Verkehrsministerium wahrgenommen wird“, sagte Torsten Kirchmann und Monique von Dungen. Die BI werde versuchen, auf Bundesebene Einfluss zu nehmen, und sehe sich ansonsten für die anstehenden juristischen Auseinandersetzungen im laufenden Planfeststellungsverfahren gut gerüstet.

Vor der denkmalgeschützten Caponniere am Neustadtufer plant die WSA eine Autoabsetzanlage. - Foto: gik
Vor der denkmalgeschützten Caponniere am Neustadtufer plant die WSA eine Autoabsetzanlage. – Foto: gik

Für Irritationen sorgte allerdings das Abstimmungsverhalten einiger Akteure im Stadtrat: Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD), der bislang die Schiffsanleger stets vehement als richtig verteidigt hatte, enthielt sich bei der Abstimmung zur Resolution – der OB hat im Stadtrat ebenfalls Stimmrecht. Auch die Linke enthielt sich, obwohl sich Vertreter ihrer Fraktion bislang deutlich gegen die Schiffsanleger vor dem Neustadtufer ausgesprochen hatten. Man habe sich in der Fraktion „nicht auf ein Abstimmungsverhalten einigen können, räumte Linkenchef Tupac Orellana am Dienstag auf Facebook ein. Die Grünen stimmten gar gegen die Resolution, obwohl sich ihre OB-Kandidatin Tabea Rößner gegen die Schiffsanleger vor dem Neustadtufer ausgesprochen hatte.

Lange stichelte, das Abstimmungsbündnis aus CDU, SPD, FDP, ÖDP und Freien Wählern habe gezeigt, „dass es stabile Mehrheiten vertrauensvoll zusammenarbeitender Fraktionen auch ohne die Grünen im Mainzer Stadtrat geben kann.“ Derzeit verhandeln Grüne, SPD und FDP über eine Neuauflage der Ampel-Koalition im Mainzer Stadtrat, ein Ergebnis wird frühestens Ende des Jahres erwartet.

Rößner wiederum betonte in einem persönlichen Statement am Montagabend, sei könne die Sorgen der Bewohner in der Neustadt über mögliche Belastungen „gut nachvollziehen“. Sie habe daher in einem Schreiben an die Generaldirektion des Wasser- und Schifffahrtsamtes darum gebeten, eine Umweltverträglichkeitsprüfung auf den Weg zu bringen. Damit solle „die Faktenlage erweitert und für die Anwohner eine größere Sicherheit geschaffen werden“, betonte Rößner, die Auswirkungen auf die Nachbarschaft sollten genauer untersucht werden. Auch die Stadt Mainz hatte in ihrer offiziellen Stellungnahme zum Planfeststellungsverfahren bereits Gutachten zu Lärmemissionen und Schadstoffen gefordert.

Karte aus dem offiziellen Bebauungsplan der Stadt Mainz zum Wohngebiet Mainzer Zollhafen. - Foto: gik
Karte aus dem offiziellen Bebauungsplan der Stadt Mainz zum Wohngebiet Mainzer Zollhafen. Eingezeichnet sind Schiffsanleger an zwei Stellen – die WSA plant aber vier Anlegestellen mit sieben Steigern für bis zu 16 Schiffe. – Foto: gik

Rößner betonte aber auch, dass Fakt sei, dass die Schiffsanleger im Rahmen der Bebauung des Zollhafens im Bebauungsplan vorgesehen und mit diesem im Stadtrat beschlossen worden seien. „Ohne die Schiffsanleger hätte es keine Genehmigung für die Bebauung des Zollhafens gegeben, sie waren also ‚conditio sine qua non'“, betonte Rößner. Ärgerlich sei allerdings, „dass dies vielen Anwohnern und Wohnungskäufern offenbar nicht mitgeteilt worden ist“, kritisierte Rößner. Im Fall ihrer Wahl wolle sie solchen Vorgängen mit Hilfe einer Transparenzsatzung vorbeugen.

Zudem wolle sie, dass Alternativstandorte noch einmal genauer geprüft würden – das gelte ganz besonders für die Autoabsetzanlage vor der Caponniere: Diese sei nicht Teil des Bebauungsplans, betonte Rößner: „Es wäre auch widersinnig, einerseits einen Schiffsanleger stadtnah und mit allen Einkaufsmöglichkeiten versehen zu bauen, dann aber zusätzlichen Verkehr zu schaffen.“ Ein Kompromiss könne als vielleicht sein, eben die Absetzanlage weiter außerhalb zu errichten, die Schiffsanleger vor der Südmole aber zu behalten. Sie wolle als Oberbürgermeisterin „sicher stellen“, dass dort dann  ausschließlich Landstrom benutzt werde, „auch bei nebeneinander liegenden Schiffen.“ SPD und CDU forderte sie auf, „auf die von ihnen getragene Bundesregierung“ einzuwirken: „Das von der Union geführte Verkehrsministerium könnte per Federstrich den Anlegern ein Ende setzen“, betonte Rößner, „genau wie beim Ausbau der A643…“

Info& auf Mainz&: Alles zur Resolution in Sachen Schiffsanleger könnt Ihr hier noch einmal nachlesen, warum die Grünen der Resolution nicht zustimmen wollten, steht hier. Mehr zum Problem des Landstroms am Rheinufer lest Ihr hier bei Mainz&.

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