Man sollte es kaum für möglich halte, aber: 2021 war tatsächlich ein durchschnittlich nasses Jahr – so sagen es zumindest die Wetterexperten des Deutschen Wetterdienstes (DWD) in Offenbach. „Unter dem Strich war das Jahr 2021 durchschnittlich nass, leicht zu sonnig und zu warm“, meldete der DWD nun zum Jahresende nach ersten Auswertungen seiner rund 2000 Messstationen. Allerdings war 2021 wettertechnisch vor allem ein Jahr der Extreme: Extreme Fröste und Rekordhochwasser im Februar, der kälteste April seit 40 Jahren – und historisch extreme Starkregenfälle im Juli. Was daraus wurde, wissen wir: die Flutkatstrophe an der Ahr, aber auch an Mosel, Kyll, Sauer und in NRW. Es sind die Boten des Klimawandels.

Anfang Februar versank Mainz in Schnee und eisiger Kälte. - Foto: gik
Anfang Februar versank Mainz in Schnee und eisiger Kälte. – Foto: gik

Regen, Regen, Regen – gefühlt war 2021 eines der miesesten und nassesten Jahre der vergangenen Zeit. Schon im Januar regnete es scheinbar ununterbrochen, der Februar brachte dann erst rekordverdächtige Hochwasserfluten, gefolgt von neuen Kälterekorden und heftigen Schneefällen: Am 5. Februar versanken die Rheinufer auch in Mainz erst einmal in ungewöhnlich hohen Fluten, am 9. Februar dann im Schnee.

Vielerorts wurden Kälterekorde erzielt, so wurden etwa im Norden von Hessen am 10. Februar vielerorts mehr als minus 20 Grad Celsius gemessen, berichtete nun der Deutsche Wetterdienst (DWD). In Sontra gab es demnach mit -25,6 Grad Celsius sogar einen neuen Stationsrekord. Es blieb ein wirklich schauderhaftes Frühjahr: „Einem kurzen Frühsommertrip zum Märzfinale folgte der kälteste April seit 40 Jahren“, lautet die Wetterbilanz – in Rheinland-Pfalz war es gar der frostreichste April seit 1958.

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Parallel zu Schnee und Eis versanken die Rheinufer auch noch in rekordverdächtigen Hochwasserfluten, die im Sommer noch einmal wiederkamen. - Foto: gik
Parallel zu Schnee und Eis versanken die Rheinufer Anfang Februar auch noch in rekordverdächtigen Hochwasserfluten, die im Sommer noch einmal wiederkamen. – Foto: gik

Pünktlich zum Jahresende legte der DWD nun seine Wetterbilanz vor, und dabei erweist sich: 2021 war eigentlich nur das, was man früher mal ein durchschnittliches Jahr nannte.  Im Jahr 2021 fielen im Schnitt rund 805 Liter pro Quadratmeter, das entspreche in etwa dem Mittel der Referenzperiode 1961 bis 1990 (789 l/m²) und dem der Periode 1991 bis 2020 (791 l/m²) – man könnte aber auch sagen: Erstmals seit mehreren Jahren fiel wieder deutlich mehr Regen. Nach drei sehr trockenen Jahren konnten sich so die Wasserspeicher in den Böden wieder auffüllen, was dringend notwendig war.

Gleichzeitig war es aber auch wärmer: Die Durchschnittstemperatur lag im Jahr 2021 mit 9,1 Grad Celsius um 0,9 Grad über dem Wert der international gültigen Referenzperiode von 1961 bis 1990. Allerdings war 2021 damit auch kälter als die vergangenen Jahre: Im Vergleich zur aktuellen Periode 1991 bis 2020 betrug die Abweichung -0,2 Grad – damit fiel 2021 kälter aus, als wir es zuletzt gewohnt waren. Denn Tatsache ist eigentlich auch: 2021 war damit das elfte zu warme Jahr in Folge.

Trübe blieb es auch im Mai noch, die Rebblüte war ausgesprochen spät dran. - Foto: gik
Trübe blieb es auch im Mai noch, die Rebblüte war ausgesprochen spät dran. – Foto: gik

„Unsere Bilanz des Jahres 2021 ist zwiespältig“, sagt denn auch DWD-Klimavorstand Tobias Fuchs: „Es gab zum Glück in Deutschland keine neuen Temperaturrekorde und für fast ganz Deutschland ausreichend Niederschlag.“ So hätten sich vor allem die Wälder von der Trockenheit der drei vorangegangenen Jahre etwas erholen können. Doch gleichzeitig zeichnete sich 2021 auch durch enorme Wetterextreme aus: „So traten häufig polare Luftmassen mit teils frühlingshaften Temperaturen in den Wettstreit“, sagt Fuchs. Der Juni drehte dann temperaturmäßig so richtig auf, eine kurze, aber heftige Hitzewelle ließ die Höchstwerte zwischen dem 17. und 20. Juni an etlichen DWD-Stationen auf über 35 Grad Celsius steigen – der Juni 2021 wurde der Drittwärmste nach 2019 und 2003.

Schwarze Wolken über Mainz auch noch im Mai 2021. - Foto: gik
Schwarze Wolken über Mainz auch noch im Mai 2021. – Foto: gik

Doch was dann folgte, brach alle Rekorde in negativer Hinsicht: Es regnete und regnete und regnete, und das nicht nur in Rheinland-Pfalz. Auch in der Uckermark und in Hessen fielen Rekord-Niederschläge, am 4. Juli setzte eine Gewitterzelle den Wetterpark in Offenbach unter Wasser, als innerhalb kürzester Zeit 46,4 Liter pro Quadratmeter vom Himmel fielen. An den Alpen und im Südschwarzwald akkumulierte sich der Niederschlag im Jahresverlauf auf teils über 2000 Liter pro Quadratmeter, berichtete der DWD weiter: „Bei der Anzahl der Starkniederschlagsereignisse von Mai bis September rangiert das Jahr 2021 nach Auswertungen des nationalen Wetterdienstes auf Platz 2 seit 2001.“

Für den Norden von Rheinland-Pfalz und den Süden von Nordrhein-Westfalen wurde das zur verheerenden Katstrophe. Am 13. Juli setzten mit Tief „Bernd“ in der Mitte Niederschläge ein, die sich am 14. verstärkten und südwärts Richtung Eifel zogen, berichten die Wetterexperten: „Von der Kölner Bucht bis zur Eifel fielen allein am 14. Rekordsummen von über 100 Liter pro Quadratmeter. Das Unwetter löste verheerende Fluten an Erft und Wupper aus, auch in Belgien, an Sauer, Kyll und vielen weiteren Bächen stiegen die Pegel auf extreme Höhen, wie sie nie zuvor gemessen worden waren.

Schlammwüste und Trümmer so weit das Auge reicht: Das Ahrtal kurz nach der Flutkatastrophe. - Foto: Polizei
Schlammwüste und Trümmer so weit das Auge reicht: Das Ahrtal kurz nach der Flutkatastrophe. – Foto: Polizei

Zur ganz großen Katastrophe kam es am 14. und 15. Juli im Ahrtal: Von etwa 14.00 Uhr an baute sich durch die extremen Niederschlagsmengen regelrechte Flutwellen auf, die von den Hängen und Seitentälern ins Ahrtal stürzten – die Ahr, sonst ein Flüsschen von vielleicht 60 Zentimeter Höhe, stieg binnen weniger Stunden auf acht Meter, neun Meter und schließlich bis zu zehn Meter Höhe. Die verheerende Flutwelle riss am Ende mehr als 60 Brücken und Dutzende Gebäude mit sich, verwüstete mehr als 8.000 Häuser – und kostete allein im Ahrtal 134 Menschen das Leben. Bis heute leidet das Ahrtal erheblich unter den Folgeschäden, ihre Beseitigung wird Jahre dauern.

„Wir wissen, dass der Klimawandel dazu bereits beigetragen hat“, betont Fuchs, „wir erleben die Folgen des Klimawandels live.“ Wetterextreme könnten jeden treffen – das bewies auch der Rest des Jahres: Den ganzen Sommer über blieb es unbeständig, gerade im Süden brachten Gewitter häufig Starkregenfälle mit Überflutungen und Hochwasser, große Hagelstürme und Orkanböen inklusive. Am 16. August löste ein Unwetter mit sintflutartigen Regenfällen in der Höllentalklamm im Zugspitz-Massiv eine Flutwelle aus, die zwei Wanderer mitriss, eine Frau konnte nur noch tot geborgen werden.

Es war eindeutig das Jahr der Sonnenuntergänge, wie hier im September in den Weinbergen in Mainz-Ebersheim. - Foto: gik
Es war eindeutig das Jahr der Sonnenuntergänge, wie hier im September in den Weinbergen in Mainz-Ebersheim. – Foto: gik

In Rheinland-Pfalz blieb es im August für die Jahreszeit meist viel zu kalt, erst im September kehrten Wärme und Sonne für Spätsommerfeeling zurück. „Trüb ging es dann durch die weitere Herbstzeit“, bilanziert der DWD, als ein Ergebnis begann die Hauptweinlese erst Ende September – so spät wie seit den 1980er Jahren nicht mehr.  Allerdings brachte der Herbst am Ende auch noch unglaublich goldene Tage mit leuchtenden Farben, wie man sie selten erlebt hatte. Ungetrübt war das nicht: Am 21. Oktober rauschte mit Tief „Hendrik“ ein schweres Sturmfeld über die Region hinweg, Frankfurt am Main meldete dabei zum Beispiel 105,5 Stundenkilometer starke Böen. In Zilshausen, 30 Kilometer südwestlich von Koblenz, zerfetzte „Hendrik“ gar das Rotorblatt einer Windkraftanlage.

Ende November dann wieder ein Wintereinbruch: Ungewöhnlich früh schneite es in den Mittelgebirgen, nach kräftigen Schneefällen lagen am 27. November im Hunsrück sogar bereits 12 Zentimeter Schnee. Kurz vor Weihnachten bescherten knackig-kalte Nächte den Winzern gar eine überraschende und frühe Eisweinlese. Weiße Weihnachten gab es trotzdem nicht: Pünktlich zum 24. Dezember schwenkten die eiskalten Minusgrade prompt wieder ins Plus – das Jahr 2021 endet sogar mit Höchstwerten von bis zu 16 Grad Celsius, und damit ungewöhnlich mild. Und es endet, wie es begonnen hat: mit trübem, grauen und nassem Wetter. Da überrascht es, dass der DWD gleichzeitig meldet: 2021 war sogar „leicht zu sonnig.“

Goldene Herbstfarben bescherte schließlich noch der November auf den letzten Metern des Jahres 2021. - Foto: gik
Goldene Herbstfarben bescherte schließlich noch der November auf den letzten Metern des Jahres 2021. – Foto: gik

Mit 1650 Stunden habe die Sonnenscheindauer ihr Jahres-Soll von 1544 Stunden sogar um rund sieben Prozent übertroffen – Maßstab dafür ist allerdings wieder die Periode 1961 bis 1990. Im Vergleich zu 1991 bis 2020 entsprach die Sonnenscheindauer hingegen ziemlich genau dem Mittel. Besonders sonnig war es dabei im Süden und Südwesten des Landes – in einigen Mittelgebirgsregionen schien die Sonne ganze 700 Stunden weniger als etwa in Südbayern. Rheinland-Pfalz kam mit 1680 Stunden Sonne (Vergleich: 1507 Stunden) sogar noch recht gut davon, Hessen kam nur auf 1585 Sonnenstunden, auch das war aber mehr als das Vergleichsmittel von 1459 Stunden.

Bleibt als Bilanz: Auch in Sachen Wetter war 2021 ein ausgesprochen turbulentes Jahr – und im Gegensatz zu 2020 versöhnte dieses Jahre erheblich weniger für die Unbillen der Corona-Pandemie. Womöglich trägt auch das zur klar gedämpften Laune der Republik bei: 20201 ließ es sich einfach bei Weitem nicht so gut vor Pandemie-Enge und Corona-Begrenzungen ins Freie flüchten wie im ersten Jahr der Corona-Pandemie. Bleibt zu hoffen, dass 2022 auch in Hinsicht auf das Wetter besser wird – mit Klimaschwankungen und gehäufter Unwettergefahr, betonen sämtliche Wetterexperten, werden wir allerdings in Zukunft häufiger zu tun haben.

Info& auf Mainz&: Mehr zum Weinjahr 2021 findet Ihr hier bei Mainz&. Mehr zur Flutkatastrophe im Ahrtal könnt Ihr hier bei Mainz& nachlesen. Mehr zu bundesweiten Spitzenreitern bei Temperatur, Niederschlag und Sonnenscheindauer findet Ihr beim Deutschen Wetterdienst als „Thema des Tages“ unter www.dwd.de/tagesthema. Einen umfassenden klimatologischen Rückblick und eine Vorschau gibt’s jeweils ab dem 10. des Folgemonats unter www.dwd.de/klimastatus.

 

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